Eine Kerze entzünden als Zeichen der Hoffnung, um Licht in dunkle Stunden zu bringen und seine Gedanken zu wärmen.
Ich benutze in diesen Tagen die brennende Kerze noch lieber als sonst, um den Kindern in meinen Webinaren einen Einstieg in die Chemie zu geben. Denn auch wenn das Entzünden einer Kerze ein wirklich einfaches Experiment ist, das fast jeder von uns schon durchgeführt hat, ist wenigen bekannt, was da passiert und warum es eine chemische Reaktion ist.
Zündet euch ruhig selbst eine Kerze an, bevor ihr weiterlest.

Warum brennt eine Kerze und warum ist das eine chemische Reaktion?
Eine chemische Reaktion ist die Umwandlung von Verbindungen auf molekularer Ebene. Dabei können zwei (oder drei) unterschiedliche (oder manchmal auch gleiche Moleküle) miteinander reagieren und ein oder mehrere andere Moleküle entstehen daraus. Allgemein ausgedrückt:

Im Fall der Verbrennung der Kerze reagiert das Wachs mit dem Sauerstoff in der Umgebungsluft. Dabei entsteht das Produkt Kohlendioxid. Der Wachs ist eine sehr komplexe Mischung aus unterschiedlichen Lipiden und Fettsäureestern, chemische Verbindungen, die sehr viel Kohlenstoff enthalten.

E bedeutet Energie. Im Falle dieser chemischen Reaktion wird Energie freigesetzt. Beim Aufbrechen von Verbindungen (hier das Aufbrechen der Bindungen in Sauerstoff und in den Lipiden) wird Energie benötigt. Beim Eingehen von Verbindungen (hier die Bildung von C-O Bindungen im Kohlendioxid Molekül) wird Energie freigesetzt. Das ist auch der Grund, weshalb eine Kerze nicht einfach so verbrennt. Das wäre auch dramatisch, wenn die Kerzen in der Schrankschublade sich spontan entzünden würden.

Die chemische Reaktion der Verbrennung einer Kerze benötigt Energie. Meisten wird diese in Form einer Zündquelle z.B. ein brennendes Streichholz gegeben. Das wird im sogenannten Verbrennungsdreieck dargestellt. Hier eine Variante der Feuerwehr Potsdam.
Die freiwerdende Energie bei der Reaktion von Wachs mit Sauerstoff wird in Wärme und Licht fühlbar und sichtbar. Die Flamme zeigt also die Reaktionsenergie an, ist aber nicht selbst ein Reaktionspartner.
Was können wir noch alles beim Verbrennen einer Kerze erkennen?
Wir können uns Gedanken darüber machen, dass wir Menschen schon seit tausenden von Generationen die Flamme und die Kerze nutzen. So geht die Wissenschaft davon aus, dass schon der Cro-Magnon Mensch vor 40.000 Jahren flüssigen Talk oder Tran in Gefäßen verbrannt haben.
Wir können uns Gedanken darüber machen, warum wir überhaupt eine Flamme sehen. Oder welche Reaktionsarten es gibt (z.B. Oxidation und Reduktion). Oder was Elektronen für eine Rolle bei der Verbrennung spielen. Oder ob es eine reversible oder irreversible Reaktion ist. Oder was das Verhältnis von Reaktionspartner und Endprodukten uns über den Aufbau der Stoffe verrät. Und noch vieles mehr. Doch das ist jeweils ein weiteres Kapitel wert.
Ich hoffe, dass dieses kleine und alltägliche Beispiel euch ein bisschen anregt, über den Aufbau unserer Welt zu sinnieren und Fragen zu stellen. Denn Chemie ist überall – auch in einer kleinen Kerze, die Hoffnung, Licht und Wärme gibt.
Euer Hendrik Fischer