GoKart – Gedanken zur Chemie des Verbrenners

Als ich gestern mit meinen Kindern auf einer GoKart – Bahn war, das Knattern des kleinen Motors hörte und die Beschleunigung hör- und spürbar wurde, kamen mir Gedanken über die Chemie, die ich gerade erfahre.

Aufstellung zum Go-Kart Rennen vor fast schon herbstlicher Eifel-Kulisse

Der Verbrennungsmotor ist fester Bestandteil unseres Alltag. Weil sehr viele ihn täglich im Auto nutzen, weil die Infrastrukturen stark auf das Auto und den Transport auf der Straße ausgerichtet sind, und weil die Transformation der Mobilität stark in gesellschaftlicher und politischer Diskussion ist. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht in Zeitungen und auf Social Media Positionen zum Verbrennungsmotor vertreten werden. Menschen haben eine Beziehung zum Auto, die einen eher eine positiv, die anderen eine negative. Ich gehe sogar soweit zu sagen, dass Menschen einen Beziehung zum Verbrenner haben, bringt es uns doch nah an ganz grundlegende Erfahrungen der Natur: Die Verbrennung und das Feuer.

Chemisch betrachtet passiert bei einem Lagerfeuer, einer Gasheizung und auch im Motor eines Autos sehr ähnliche Dinge: Kohlenstoffhaltige Verbindungen reagieren mit Sauerstoff unter starker Freisetzung von Energie und Kohlendioxid.

Bei einem Lagerfeuer, beim dort verwendeten Brennstoff Holz ist die Cellulose die kohlenstoffhaltige Verbindung. Cellulose ist ein natürlich vorkommendes Polymer aus zuckerartigen Bausteinen und wird aus diesem Grund aus Polysaccharid genannt. Cellulose ist Hauptbestandteil von pflanzlichen Zellwänden. Beim Pflanzenwachstum werden durch den Prozess der Photosynthese aus Kohlendioxid, Wasser und Sonnenenergie Zuckermoleküle und letztendlich auch Cellulose aufgebaut. Bei der Verbrennung wird dieser Prozess wieder umgekehrt, aus Zellulose entstehen Kohlendioxid und Wasser, Energie wird wieder freigesetzt in Form von Wärme und Licht.

Lagerfeuer in der Nacht zum 1. Mai 2022 auf Burg Satzvey

In einer Gasheizung wird üblicherweise Erdgas oder Biogas verbrannt. Chemisch ist das Methanmolekül des Erdgases und des Biogases identisch und besteht aus einem Kohlenstoffatom und vier Wasserstoffatomen.

Chemische Reaktionsgleichung der Verbrennung von Methan

Erdgas wird durch Förderung aus großen, internationalen Lagerstätten bereitgestellt, Biogas durch biochemische Prozesse, konkret wird Biomasse in der Regel lokal aus Abfällen oder auch aus nachwachsenden Rohstoffen vergoren. Technisch gleich ist der Unterschied der Gase also nur im Ursprung zu finden, es wird zwischen fossilen und nachwachsenden Rohstoffen unterschieden.

Im Verbrennungsmotor eines Autos, zum Beispiel eines VW Up mit Benzinmotor, wird zum Beispiel Super 95 verbrannt, eine bestimmte Kraftstoffqualität. So ein Kraftstoff ist ein komplexes Gemisch aus über 100 verschiedenen, überwiegend leichten Kohlenwasserstoff Verbindungen. Darüber hinaus werden diesem Gemisch zusätzlich Alkohole, wie Ethanol und Ether, wie MTBE hinzugefügt, um die Verbrennungsqualität zu verbessern und den Anteil von biobasierten Komponenten zu erhöhen. Letzteres ist gesetzlich gefordert, um die nationalen wie auch europäischen CO2-Einsparungsziele zu erfüllen. Chemisch passiert wieder ähnliches: Kohlenstoffhaltige Verbindungen werden mit Sauerstoff unter Bildung von Kohlendioxid und Wasser sowie Freisetzung von Energie zur Reaktion gebracht. Im Fall des Verbrennungsmotors wird die chemische Energie in Wärme- und Bewegungsenergie umgewandelt.

Mein „Blitz“ bei der Abholung im VW Werk Wolfsburg im Jahr 2015

Die Freisetzung von Kohlendioxid aus fossilen Quellen führt in dem industriellen Maßstab, den wir seit vielen Jahrzehnten gewohnt sind, zu massiven ökologischen Schäden. Und durch den Einfluss des Klimawandels auf unser Leben auch zu ökonomischen Problemen, deren Ausmaß uns immer mehr am eigenen Leib spürbar wird.

Als Chemiker bin immer wieder begeistert, wie die Dinge des Alltages durch die Chemie miteinander verbunden sind. Die Kraft und das Licht des Lagerfeuers, die Wärme der Gasheizung, die Freiheit durch individuelle Mobilität im Auto. Und doch muss aus dieser Ästhetik nicht unbedingt ein Weiter – So sondern kann eine Änderung entstehen, wenn die etwas aus der Balance gerät.  

Verbrennung im Labor, Bild von Pia Leandra Rodermond

Überwindung des Verbrenners oder Weiterentwicklung der Mobilität? Technisch sind Lösungen da, sowohl im Bereich der Elektromobilität in der privaten PKW Nutzung, durch biobasierte Rohstoffe in der Heizung oder den Einsatz von eFuels für den internationalen Verkehr und Warentransport durch Flugzeuge und Schiffe. Die nächsten Jahrzehnte werden davon geprägt sein, wie viel chemische Innovation und Begeisterung für Naturwissenschaften bei uns allen vorhanden ist, um die Mobilitätstransformation auch im individuellen Alltag zu gestalten. Ob aus der Ästhetik der Verbrennung vielleicht sogar eine Ästhetik der Elektrizität entstehen wird?

Mit blitzenden Grüße,

Hendrik Fischer

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