Gibt es Palindrome in der Chemie?

Heute ist der 22. Februar 2022, oder auch anders geschrieben 22.02.2022. Einer von wenigen Tagen in diesem Jahrhundert, die vor- und rückwärts gelesen gleich klingen.  Ein Palimdrom Tag. Und das lies meine Gedanken um die Frage kreisen, ob es auch Palindrome in der Chemie gibt? Und die gibt es, aber etwas anders als ihr vielleicht denkt. Ein kleiner Ausflug…

Heute ist der 22. Februar 2022, oder auch anders geschrieben 22.02.2022. Einer von wenigen Tagen in diesem Jahrhundert, die vor- und rückwärts gelesen gleich klingen. à Ein Palimdrom Tag. Und das lies meine Gedanken um die Frage kreisen, ob es auch Palindrome in der Chemie gibt? Und die gibt es, aber etwas anders als ihr vielleicht denkt. Ein kleiner Ausflug…

Chemische Reaktion verlaufen auf den ersten Blick recht einfach. Substanz A reagiert mit Substanz B zu einer (oder mehreren) anderen Substanzen. So reagiert Magnesium mit Sauerstoff mittels einer Zündhilfe unter beeindruckender Flammentwicklung zu Magnesiumoxid. Aus einem grauen Metall wird ein weißes Metallsalz.

Reaktionsgleichung der Verbrennung von Magnesium

Diese Reaktion verläuft unter diesen Bedingungen nur in eine Richtung. Viele chemische Reaktionen können jedoch ohne Problem auch andersrum ablaufen. So reagiert Iod mit Wasserstoff unter Bildung von Iodwasserstoff. Diese Reaktion ist nicht vollständig, denn gleichzeitig zerfällt Iodwasserstoff wieder in Iod und Wasserstoff. Hin- und Rückreaktionen laufen parallel ab, in dem Reaktionsgefäß liegen alle drei Substanzen gleichzeitig vor.

Gleichgewichtsreaktion von Iod mit Wasserstoff zu Iodwasserstoff

Meistens möchten Chemiker*innen nur ein bestimmtes Endprodukt und nicht eine wilde Mischung herstellen, und in der Ausbildung lernen sie, wie das Gleichgewicht der Reaktion zu Gunsten der Endprodukte verschoben werden kann.

Wird auf ein im Gleichgewicht befindlichen System durch Änderung der äußeren Bedingungen ein Zwang ausgeübt, so verschiebt sich das Gleichgewicht derart, dass es dem Zwang ausweicht. Es stellt sich ein neues Gleichgewicht mit vermindertem Zwang ein.

Dieses Prinzip wurde vom Chemiker Le Chatelier zuerst beschrieben und nach ihm benannt. Für mich bedeutet es, dass eine äuserlich stabile und sich im Gleichgewicht befindliche Reaktion durch „Zwang“ in die eine oder andere Reaktion verschoben werden kann. Und der Zwang kann sein: Temperatur, Druck, das Hinzufügen oder Entfernen von Ausgangsstoffen oder Endprodukten. Beispiel: Die Reaktion von Alkoholen mit Säuren hin zu Estern und Wasser ist in einem stabilen Gleichgewicht, d.h. Hin- und Rückreaktionen finden in gleichen Maße statt. Wird das Wasser kontinuierlich aus dem Reaktionsgefäß entfernt, findet die Hinreaktion so lange statt, bis das ursprüngliche Gleichgewicht wieder hergestellt wird. Und mehr Ester wird entstehen. Dies wird rein praktisch z.B. bei der Weichmacher Synthese durchgeführt, um die Ausbeute von z.B. Phthalaten zu erhöhen.

eine schöne Visualisierung von Gleichgewicht (https://stringfixer.com)

Auch in anderen Bereichen der Natur kann mensch solche Gleichgewichtsverschiebungen beobachten. Vielleicht habt ihr schon mal von Osmose gehört. Osmose ist die Wanderung von Substanzen durch Membranen, um ein Ungleichgewicht auszugleichen. Praktisch habt ihr das vielleicht selbst schon mal durchgeführt: So wird beim Konservieren von Lebensmitteln durch Zugabe von viel Salz oder Zucker das in dem Lebensmittel enthaltene Wasser durch Osmose entzogen, da die Konzentration von Zucker oder Salz außen sehr viel höher als im Inneren des Lebensmittels ist. Das Lebensmittel wird „getrocknet“ und ist dadurch länger haltbar.

Reaktionen in der Natur oder im Reagenzglas finden selten nur in eine Richtung statt. Sehr häufig kann die Reaktion auch wieder zurück ablaufen. Der vermeintlich stabile Zustand im Gleichgewicht kann durch geeignete Mittel verschoben werden.

Sucht doch auch mal in eurem Alltag Situationen, in denen Hin- und Rückreaktionen stattfinden. Vielleicht entdeckt ihr ganz besondere natürliche „Palindrome“ und wenn es auch nur der Jojo-Effekt ist 😉 – ich freue mich, davon zu lesen.

Euer Hendrik Fischer

Warum schmecken Salmiak Pastillen so komisch?

Die eine mag es überhaupt nicht, der andere kann nicht von ihnen lassen. An dem Geschmack von Salmiakpastillen trennen sich die Geister, genauso wie beim Rosenkohl oder der Frage nach süßem oder salzigem Popcorn. Ich persönlich esse alles davon, möchte euch aber keine Kochrezepte geben, sondern erklären, was es mit diesem Geschmack auf sich hat. Ganz im Sinne von „Chemie ist wie kochen, mensch darf nur den Löffel nicht ablecken“.

Die eine mag es überhaupt nicht, der andere kann nicht von ihnen lassen. An dem Geschmack von Salmiakpastillen trennen sich die Geister, genauso wie beim Rosenkohl oder der Frage nach süßem oder salzigem Popcorn. Ich persönlich esse alles davon, möchte euch aber keine Kochrezepte geben, sondern erklären, was es mit diesem Geschmack auf sich hat. Ganz im Sinne von „Chemie ist wie kochen, mensch darf nur den Löffel nicht ablecken“.

Salmiak-Pastillen

Der besondere Geschmack von Salmiakpastillen kommt von der chemischen Verbindung Ammoniumchlorid, auch Salmiak genannt. Salmiak ist eine schon sehr lange bekannte Substanz. Zunächst wurde es als Mineral abgebaut und war schon den Römern bekannt. Darauf deutet die Herkunft des lateinischen Namens „sal armoniacum/sal armenicum = armenisches Salz“ hin. Erst später wurde es synthetisch hergestellt. Zunächst durch Verarbeitung von Mist und Urin. Schmeckt es deshalb so komisch? Noch später wurde es industriell durch Reaktion von Ammoniaklösung mit Salzsäure, bzw. von reinem Ammoniak mit Chlorwasserstoff. In neuerer Zeit auch durch andere Reaktionen, die mit Kochsalz Natriumchlorid starten.

Für mich ist die Ammoniumchlorid Synthese in meinem kleinen Labor etwas ganz besonderes. Denn sie ein Paradebeispiel einer klassischen Säure-Base-Reaktion:

Säure reagiert mit Base unter Bildung von Salz

Säure-Base-Reaktionen sind eine der wichtigsten chemischen Reaktionsarten, neben Redox-Reaktionen, Polymerisierungen und anderen. Was das alles ist, und wo die Unterschiede bestehen, dazu komme ich in späteren Beiträgen sicher noch. In meinem Labor mische ich einige Tropfen Salzsäure-Lösung mit einigen Tropfen Ammoniak-Lösung. Das Reaktionsgefäß wird warm, es raucht ein bisschen. Und beim Abkühlen bilden sich weiße Kristalle. Diese Kristalle isoliere ich, trockne sie an der Luft und nach wenigen Stunden an einem warmen Ort habe ich eine kleine Menge von Ammoniumchlorid vor mir liegen.

Bereit zum Kosten? Oh, Nein! Denn bei allem Spaß muss bei der Chemie auf die Sicherheit geachtet werden. In der Geschichte der Chemie war es zwar üblich, zu analytischen Zwecken Substanzen zu kosten, jedoch senkte das Kosten der Substanzen das Durchschnittsalter von Alchemisten deutlich und ist heute durch moderne Analysemethoden ersetzt worden. Zum Glück! Würde jedoch Ammoniumchlorid gekostet, würde mensch einen kribbeligen, leicht beißenden Eindruck auf der Zungenspitze wahrnehmen. Die europäische Verordnung zur Kennzeichnung von Gefahrstoffen kommt zu dem Schluss, dass Ammoniumchlorid gesundheitsschädlich beim Verschlucken ist und schwere Augenreizungen verursachen kann.

Das offizielle Gefahrensymbol für Salmiak / Ammoniumchlorid

Und empfiehlt: Bei Kontakt mit den Augen: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser ausspülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter ausspülen.

Und so etwas ist in Salmiak-Pastillen? Ja! Und nicht zu knapp. Ammoniumchlorid ist wegen seines sehr charakteristischen Geschmacks als Aromastoff in der Lebensmittelindustrie zugelassen und wird auch als wirksamer Bestandteil in Hustenlösern verwendet. Der Geschmack kommt durch die weitere Reaktion von gelösten Ammonium-Ionen im Mundraum zu Stande.

Müssen wir also Angst vor Ammoniumchlorid und generell vor Chemie in Lebensmitteln haben? Sicherlich nicht, denn wie bei jeder chemischen Substanz gilt das alte Paracelsus Prinzip, dass die Dosis das Gift macht. Im Fall von Ammoniumchlorid ist bekannt, dass täglich verzehrte 100 bis 150 Milligramm Ammoniumchlorid pro Kilogramm Körpergewicht gesundheitliche Beschwerden wie z.B. Bluthochdruck oder Muskelschwäche verursachen kann. Oder anders ausgedrückt: Ein 80kg schwerer Mensch würde sich also erst bei einem täglichen Verzehr einer 100g Packung Salmiak-Pastillen, die bis zu 8 % Salmiak enthalten kann, einem gesundheitlichen Risiko aussetzen.

Ich wünsche euch weiterhin guten Appetit, fröhliches Lutschen und denkt dabei an die Chemie!

Euer Hendrik Fischer

„Ich mach Chemie“ geht live

Seit heute ist die Homepage von „Ich mach Chemie“ live und ich bin schon etwas stolz auf mich. Denn schließlich mache ich das nur ein paar Stunden im Monat neben meinem eigentlich Beruf als Chemiker bei der Firma Evonik. 

Noch stolzer bin ich, dass ich direkt mit einem Angebot live gehen kann:

Experimentierkurse Chemie für Kinder und Jugendliche!

Und was erwartet euch in der Zukunft?

Ich möchte regelmäßig über die Chemie im Alltag und in der Industrie schreiben, über die Geschichte der Chemie und über aktuelle und zukünftige Entwicklungen.

Und natürlich werde ich immer mal wieder neue, spannende Experimentier-Angebote posten.

Ich freu mich darauf und auf eure Ideen und Anregungen.

Euer Hendrik Fischer