Warum schmecken Salmiak Pastillen so komisch?

Die eine mag es überhaupt nicht, der andere kann nicht von ihnen lassen. An dem Geschmack von Salmiakpastillen trennen sich die Geister, genauso wie beim Rosenkohl oder der Frage nach süßem oder salzigem Popcorn. Ich persönlich esse alles davon, möchte euch aber keine Kochrezepte geben, sondern erklären, was es mit diesem Geschmack auf sich hat. Ganz im Sinne von „Chemie ist wie kochen, mensch darf nur den Löffel nicht ablecken“.

Die eine mag es überhaupt nicht, der andere kann nicht von ihnen lassen. An dem Geschmack von Salmiakpastillen trennen sich die Geister, genauso wie beim Rosenkohl oder der Frage nach süßem oder salzigem Popcorn. Ich persönlich esse alles davon, möchte euch aber keine Kochrezepte geben, sondern erklären, was es mit diesem Geschmack auf sich hat. Ganz im Sinne von „Chemie ist wie kochen, mensch darf nur den Löffel nicht ablecken“.

Salmiak-Pastillen

Der besondere Geschmack von Salmiakpastillen kommt von der chemischen Verbindung Ammoniumchlorid, auch Salmiak genannt. Salmiak ist eine schon sehr lange bekannte Substanz. Zunächst wurde es als Mineral abgebaut und war schon den Römern bekannt. Darauf deutet die Herkunft des lateinischen Namens „sal armoniacum/sal armenicum = armenisches Salz“ hin. Erst später wurde es synthetisch hergestellt. Zunächst durch Verarbeitung von Mist und Urin. Schmeckt es deshalb so komisch? Noch später wurde es industriell durch Reaktion von Ammoniaklösung mit Salzsäure, bzw. von reinem Ammoniak mit Chlorwasserstoff. In neuerer Zeit auch durch andere Reaktionen, die mit Kochsalz Natriumchlorid starten.

Für mich ist die Ammoniumchlorid Synthese in meinem kleinen Labor etwas ganz besonderes. Denn sie ein Paradebeispiel einer klassischen Säure-Base-Reaktion:

Säure reagiert mit Base unter Bildung von Salz

Säure-Base-Reaktionen sind eine der wichtigsten chemischen Reaktionsarten, neben Redox-Reaktionen, Polymerisierungen und anderen. Was das alles ist, und wo die Unterschiede bestehen, dazu komme ich in späteren Beiträgen sicher noch. In meinem Labor mische ich einige Tropfen Salzsäure-Lösung mit einigen Tropfen Ammoniak-Lösung. Das Reaktionsgefäß wird warm, es raucht ein bisschen. Und beim Abkühlen bilden sich weiße Kristalle. Diese Kristalle isoliere ich, trockne sie an der Luft und nach wenigen Stunden an einem warmen Ort habe ich eine kleine Menge von Ammoniumchlorid vor mir liegen.

Bereit zum Kosten? Oh, Nein! Denn bei allem Spaß muss bei der Chemie auf die Sicherheit geachtet werden. In der Geschichte der Chemie war es zwar üblich, zu analytischen Zwecken Substanzen zu kosten, jedoch senkte das Kosten der Substanzen das Durchschnittsalter von Alchemisten deutlich und ist heute durch moderne Analysemethoden ersetzt worden. Zum Glück! Würde jedoch Ammoniumchlorid gekostet, würde mensch einen kribbeligen, leicht beißenden Eindruck auf der Zungenspitze wahrnehmen. Die europäische Verordnung zur Kennzeichnung von Gefahrstoffen kommt zu dem Schluss, dass Ammoniumchlorid gesundheitsschädlich beim Verschlucken ist und schwere Augenreizungen verursachen kann.

Das offizielle Gefahrensymbol für Salmiak / Ammoniumchlorid

Und empfiehlt: Bei Kontakt mit den Augen: Einige Minuten lang behutsam mit Wasser ausspülen. Eventuell vorhandene Kontaktlinsen nach Möglichkeit entfernen. Weiter ausspülen.

Und so etwas ist in Salmiak-Pastillen? Ja! Und nicht zu knapp. Ammoniumchlorid ist wegen seines sehr charakteristischen Geschmacks als Aromastoff in der Lebensmittelindustrie zugelassen und wird auch als wirksamer Bestandteil in Hustenlösern verwendet. Der Geschmack kommt durch die weitere Reaktion von gelösten Ammonium-Ionen im Mundraum zu Stande.

Müssen wir also Angst vor Ammoniumchlorid und generell vor Chemie in Lebensmitteln haben? Sicherlich nicht, denn wie bei jeder chemischen Substanz gilt das alte Paracelsus Prinzip, dass die Dosis das Gift macht. Im Fall von Ammoniumchlorid ist bekannt, dass täglich verzehrte 100 bis 150 Milligramm Ammoniumchlorid pro Kilogramm Körpergewicht gesundheitliche Beschwerden wie z.B. Bluthochdruck oder Muskelschwäche verursachen kann. Oder anders ausgedrückt: Ein 80kg schwerer Mensch würde sich also erst bei einem täglichen Verzehr einer 100g Packung Salmiak-Pastillen, die bis zu 8 % Salmiak enthalten kann, einem gesundheitlichen Risiko aussetzen.

Ich wünsche euch weiterhin guten Appetit, fröhliches Lutschen und denkt dabei an die Chemie!

Euer Hendrik Fischer