Kunst und Chemie

Kunst und Chemie – geht das zusammen? Und ob, wie ein Kindergeburtstag in Witzhelden zeigt…

Als ich Ende 2021 zum ersten Mal von der Witzheldener Künstlerin und Kunsttherapeutin Lilo Krüger auf meine beginnenden Chemie-Edutainment Angebote angesprochen wurde, hätte ich nicht gedacht, dass ich schon knapp sieben Monate später mit ihr und sieben 10-12 jährigen Mädchen in einer Halle stehen und einen Kindergeburtstag zum Thema Kunst und Chemie gestalten würde.

Kindergeburtstag „Kunst und Chemie“ im Juni 2022. Bild: Pia Rodermond

Doch mir war klar, dass Kunst und Chemie super zusammen passen kann. In der Chemie gibt es viele Reaktionen und Methoden, bei denen Farbe eine Rolle spielen: Bei dem Verfahren der Chromatographie werden Substanzmischungen aufgetrennt und zum Teil farblich sichtbar gemacht. Sogenannte pH-Indikatoren zeigen durch einen Farbwechsel an, ob eine chemische Verbindung eine Säure oder eine Base ist, und wie stark diese ist. Metalle erzeugen spezifische Färbungen einer Flamme und können dadurch analytisch bestimmt werden.

Grüne Flammfärbung durch eine Kupferverbindung, Bild: Pia Rodermond

Die Farbe selbst ist schon sehr lange Teil der Erfahrungswelt des Menschen. Bereits vor 30.000 Jahren wurden Höhlenmalereien mit Hilfe einer Mischung aus Erde, farbgebenden Mineralien sowie Pflanzensäften oder Tierfetten hergestellt. Heute sind Farben zum überwiegenden Teil hochentwickelte industrielle Gemische, die aus organischen oder mineralischen Pigmenten und natürlichen oder synthetischen Trägermaterialien bestehen. Wasserfarben, Acrylfarben, Farben auf Silikonbasis oder Ölfarben… die Vielfalt von Grundbausteinen und Pigmenten ist sehr groß. Dabei machte die beginnende großchemische Produktion seit dem 18. Jahrhundert Farbe endlich stabiler und für viele Menschen erstmalig erschwinglich. Klar, dass ein Teil des Programm auch die Herstellung einer Farbe war.

Herstellung einer Farbe basierend auf Mehl und Lebensmittelfarbe. Bild: Pia Rodermond

Die Teilnehmerinnen waren von den unterschiedlichen chemischen Experimenten sofort begeistert. „Endlich mal etwas selber machen“ – das war mein Eindruck. Etwas Blubbern sehen, etwas bunt Verbrennen sehen und dann auch noch Farbe herstellen. In der letzten Stunde passierte jedoch etwas, was Lilo und ich nicht im Detail geplant hatten: Aus bestimmten chemischen Experimenten und der selbst hergestellten Farbe schufen die Teilnehmerinnen eigene kreative Kompositionen. Das war für mich neben der Begeisterung der Teilnehmerinnen für die Chemie das Schönste an dem Tag: Die Synergie von Kunst und Chemie!

Chromatographie trifft Mehlfarbe und wird Kunst. Bild: Pia Rodermond

Für mich wurde dadurch deutlich, dass das gemeinsam entwickelte Konzept und der Kindergeburtstag ein Erfolg und für alle Beteiligten ein inspirierendes Erlebnis war. Und dafür mache ich das doch. Chemie ist nicht nur wie Kochen, sondern manchmal auch wie Malen.

Bei Chemie immer noch: Bloß nicht den Löffel ablecken. Bild: Pia Rodermond

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Mit bunten Grüßen,

Euer Hendrik Fischer

Salzige Gedanken

Habt ihr beim Knabbern von Erdnüssen schon mal nachgedacht, woher das ganze Salz kommt? Ein kurzer Blick vom Küchenregal auf unsere salzige Geschichte…

Kurz vor dem alljährlichen Frühlingsfest war ich in einer Wuppertaler Kneipe. Neben dem Bier, über das ich auch hätte schreiben können, lag eine kleine Packung gesalzene Erdnüsse für ein Euro. Das Salz auf den Erdnüssen erregte meine Aufmerksamkeit und erste Ideen für einen neuen Blogbeitrag kamen mir in den Sinn. Auch das Eiersuchen und Eieressen in den vergangen Tagen nährte meinen Gedanken, mein Küchensalz aus einer chemischen Perspektive zu betrachten …

Das Salz

Das Salz ist seit Generationen dem Menschen bekannt. Schon die Sumerer nutzten Salze zur Konservierung von Lebensmitteln und in unseren Breiten gewann mensch Salz in großen Mengen aus dem Meerwasser. Heute wird Kochsalz durch Abbau in Salzbergwerken, durch Herauslösen aus Steinsalz, und durch Eindampfen von Meereswasser gewonnen. Das Gesamtvorkommen von Salz wird auf ca. 3,6 x 1016 Tonnen in den Ozeanen und ca. 1015 Tonnen unterirdisch geschätzt à insgesamt 37.000.000.000.000.000 oder 37 Millonen Millarden Tonnen. Es wird also für lange Zeit genug Salz auf Eiern und Erdnüssen geben.

Salzbergwerk Berchtesgarden, fotocommunity.de

Die Chemie des Salzes

Chemisch betrachtet besteht Salz aus zwei Elementen: Dem Natrium und dem Chlor. Beides sind höchst reaktive Elemente und kommen in der Natur nicht selbst vor, sondern gebunden in anderen Mineralien. Während Natrium ein recht weiches Metall ist, das sehr spektakulär mit Wasser reagiert, ist Chlor ein typisch riechendes, leicht grünliches Gas, das beim Einatmen giftig ist und zum Tode führen kann. Das Reaktionsprodukt aus Natrium mit Chlor ist Natriumchlorid, NaCl – die meisten kennen es unter dem Namen Kochsalz.

Kristallstruktur von NaCl, Kochsalz. Bildnachweis: istockphoto

Natriumchlorid ist eine Verbindung, die auch chemisch als Salz bezeichnet wird. Salze sind Verbindungen aus Metallen und Nichtmetallen. In festen Salzkristallen liegen Metall und Nichtmetall regelmäßig abwechselnd nebeneinander vor. Die Bindung entsteht durch gegenseitige Anziehung von positiv geladenen Metallatomen und negativ geladenen Nichtmetallatomen Na+ und Cl.

Genug der Bindungstheorie

Ich finde es toll, dass bei der chemischen Bildung von Kochsalz mir wieder ein Grundprinzip der Chemie deutlich wird: Chemie ist die Reaktion von zwei Substanzen unter Bildung einer dritten, teils völlig anderen Substanz. Aus dem Natriummetall und dem Chlorgas wird festes Kochsalz – völlig anders im Sinn von physikalischen, chemischen oder auch biologischen Eigenschaften: Aus zwei gefährlichen Substanzen wird eine im toxikologischen Sinn risikoarme Substanz entsteht. Zwar kann mensch sich mit löffelweise verschlucktem Salz schädigen, aber zum Glück stopt der Geschmackssinn. Ähnlich ist es mit der Bildung von Ammoniumchlorid aus den gefährlichen Substanzen Ammoniak und Salzsäure.  Warum schmecken Salmiak Pastillen so komisch? – Ich mach Chemie

Wie wichtig ist NaCl?

Kochsalz ist nicht nur für Erdnüsse und Frühlingseier wichtig. Sondern ist die Ausgangsverbindung für fast alle technisch und in großen Mengen verwendeten Natriumsalze, wie z.B. Soda Na2CO3 (Backpulver), Ätznatron NaOH (u.a. als Kloreiniger), oder Borax Na2B4O7 (für spezielle Gläser). Bei der Herstellung dieser wichtigen Produkte fällt auch eine Menge Chlor an, für das die chemische Industrie auch eine hervorragende Verwendung hat: PVC / Polyvinylchlorid. Dieser Kunststoff findet in vielen Bereichen Verwendung: Im Fußboden von Krankenhäusern und Sporthallen, als Dacheindeckung, als Feuchtigkeitssperre in Tunneln, als Material in Blutbeuteln und Kathetern, in Fenstern und Wasserrohren, um nur einige zu nennen. Deutlich wird für mich wieder, wie effizient das Molekülmanagement der chemischen Industrie ist: Alles hängt zusammen und aus allem wird noch etwas gemacht – ziemlich nachhaltig eigentlich.

Ich hoffe, ich habe euch eure nächste Suppe mit diesem Blogbeitrag nicht versalzen, sondern einen interessanten chemischen Blick auf die Natur gegeben. Schreibt mir ruhig, wenn euch bestimmte Themen besonders interessieren.

Mit knusprigen Grüßen,

Euer Hendrik Fischer

Die Baryt-Rose, Chemie und Bedeutung

Was ist eine Baryt-Rose und welche Bedeutung hat sie?

Heute im Aquazoo in Düsseldorf eine richtig schöne Ausstellung über Mineralien.

Mir fiel ein besonderes Mineral auf: Barytrose, die Mischung von auskristallisiertem Bariumsulfat BaSO4 und Sand.

Die Barytrose ist ein Mineral der VI. Klasse. Diese Klassifizierung ist historisch und stoffbezogen, hat jedoch keine weitere „Bedeutung“. Bedeutung hat diese Baryt-Rose, weil manche Menschen kulturbedingt der Rose eine Bedeutung zuschreiben. Und auch ich kann mich, sozialisiert wie ich bin, nicht der Bedeutung der Rose entziehen.

Die Barytrose aus der Minerale-Sammlung des Aquazoo Düsseldorf

Rein chemisch betrachtet ist die Barytrose (Baryt =Bariumsulfat) eine bestimmte, regelmäßige Anordnung der Elemente Barium, Schwefel und Sauerstoff. Diese Regelmäßigkeit ist ein Grundprinzip von Feststoffen, wie Metalle und Salze: Ganz regelmäßig und stabil sind die Atome in einem Metall- oder Salzgitter angeordnet. In Flüssigkeiten und Gasen, also den beiden anderen, klassischen Aggregatzuständen, ist diese „Fernordnung“ aufgelöst, und Atome und Moleküle sind in Flüssigkeiten und Gasen nicht fest lokalisiert, sondern bewegen sich stark hin und her.

Die Rosenform des Bariumsulfat/Sand-Gemisches hat mich dazu gebracht, über „Bedeutung“ nachzudenken. Bedeutung ist kein naturwissenschaftlicher Begriff, sondern beschreibt die subjektive Wirkung der Betrachtung eines Objektes auf den Menschen im kulturellen Kontext. Interessanterweise benötige ich keine weitere Bedeutung des Baryts, als mich über die subjektive empfundene Schönheit des Minerals zu freuen und einen Anstoß zu haben, wieder etwas mehr über Minerale zu lernen.

+++Minerale sind ein einzelnes Element oder eine einzelne chemische Verbindung, die im Allgemeinen kristallin und durch geologische Prozesse gebildet wurde+++Alles was wir an nicht-organischen, unbelebten, festen Dingen in der Natur finden und eine einheitliche chemische Struktur hat, sind Minerale+++Minerale können toll aussehen oder auch nicht+++der Preis eines Minerals hängt manchmal von der Seltenheit der chemischen Struktur oder der emotionalen Verbundenheit (Diamant) ab+++Lapislazuli ist sowohl in Minecraft also auch in meiner Wahrnehmung der Natur ein schönes Mineral+++

Ich möchte anregen, dass ihr mal schaut, welche Minerale bei euch so rumschwirren. Geht mal in den Garten oder zum nächsten Fluß, brecht ein paar Steine mit nem Hammer auf und schaut, was sich an Vielfältigkeit in der unbelebten Natur vorfindet.

Mit einer Handvoll von miteinander kombinierten Elementen entsteht in der Natur eine unglaubliche Vielfalt unterschiedlicher chemischer Verbindungen in unterschiedlichen Farben, Formen und mit unterschiedlichen physikalisch-chemischen Eigenschaften. Ein paar von diesen habt ihr vielleicht in Keller, Garten, Küche oder Garage, z.B. das Gipsspat (Calciumsulfat Dihydrat = Gips) oder das Halit (Natriumchlorid = Salz).

Die Chemie muss wie die Physik oder auch wie andere Naturwissenschaften keine weitere Bedeutung haben, nicht schön oder symmetrisch sein. Wahrscheinlich ist es die Natur auch gar nicht, wie die moderne Physikerin Sabine Hossenfelder vor wenigen Jahren in ihrer Kritik an dem Zustand der Physik äußerte:

Aber bemerkenswert finde ich, dass die Chemie und die Physik und andere Naturwissenschaften nebem ihrem praktischen Wert für die Menschheit immer wieder Anregung zur Reflexion über den Aufbau der Welt geben. Und so vielfältig, dass jeder Mensch Schönheit in der Natur finden kann. Und sei es auch eine Mineralrose, die Gedanken an geliebte Menschen und Wissenschaften erzeugt.

Euer Hendrik Fischer

Beitragsbild von http://www.seilnacht.com

Die Chemie des Reibekuchens

Reibekuchen – wer mag sie nicht?

Aber habt ihr euch schon mal Gedanken gemacht, was chemisch passiert, bevor ihr in einen saftig knusprigen Reibekuchen beißen könnt?

Es war letzten Sonntag, mein sehr netter Nachbar lud mich und meine Familie spontan zum Reibekuchen Essen ein. Und als ich dann in der Sonne stand und Reibekuchen auf einem Gasofen im Garten briet, dachte ich an die vielen chemischen Reaktionen, die dabei ablaufen. Und nicht nur chemische Reaktionen konnte ich beobachten, sondern auch einige Energieumwandlungen:

Da ist zunächst die Verbrennung des Gases. Propan reagiert mit dem Luftsauerstoff unter Bildung von Kohlendioxid und Wasser.

Die Stoffumwandlung, das heißt die chemische Reaktion ist  einfach erklärt. Bindungen zwischen den Atomen werden aufgebrochen und neue Bindungen geknüpft. Aus zwei Gasen (Propan und Sauerstoff) entstehen ein Gas und eine Flüssigkeit, die letztere verdampft jedoch auch bei den hohen Temperaturen. Würde keine Energie frei werden, würde ich die Reaktion gar nicht bemerken. So aber sehe ich eine Flamme und spüre die Hitze. Licht und Wärme sind beides bestimmte Energieformen. Licht sind energiereiche Photonen oder Wellen, und Wärme ist die Bewegung von Teilchen. Die chemische Energie, die in den Ausgangsmaterialien als Bindungsenergie drin steckt, wandelt sich zum Teil in Energie in Form von Licht und Wärme um.

Propangasflamme, Quelle: Wictionary

Faszinierend finde ich, dass im anschließenden Schritt diese Energien wieder gewandelt werden. Und zwar beim Reibekuchenbraten.

Durch die Hitzezufuhr, d.h. in dem Energie in ein System gesteckt wird, findet eine chemische Reaktion im Reibekuchenteig statt. Wasser verdampft. Die Eiweise (auch Proteine genannt), die durch die zwei Eier im Teig vorliegen, beginnen irreversibel zu denaturieren. Bei diesem recht komplexen Vorgang werden Bindungen im Protein aufgebrochen und wieder neu geknüpft, das Protein faltet sich anders, wird weniger löslich, verklumpt. Mit dem gewünschten Effekt, dass der flüssige Teig immer fester wird, bis hin zum fertigen Reibekuchen.

Braten = Energiezufuhr, die eine chemische Reaktion auslöst

Es passieren auch weitere chemische Reaktionen, die mal mehr mal weniger gewollt sind: Beim Rösten von stärkehaltigen Produkten wie z.B. Reibekuchen oder Pommes Frites soll eine angenehme Bräunung und die Bildung von Röstaromen erreicht werden. Das Rösten ist eine Zersetzungsreaktion der Stärkemoleküle, die leider auch zur Bildung von Acrylamid führen kann. Ein Stoff, der von der europäischen Chemikalienbehörde ECHA als besonders besorgniserregend, krebserzeugend und erbgutverändernd eingestuft wird.

Strukturformeln von Acrylamid, Quelle: Wikimedia

Auf stofflicher Ebene passieren beim Braten des Reibekuchens also einige chemische Reaktionen (Zersetzung von Stärke, Denaturierung von Eiweis). Und Wärmeenergie wird zum Teil wieder in chemische Energie, d.h. Bindungsenergie umgewandelt.

Beim anschließenden Glas Wein dachte ich daran, dass die Gesamtheit von Masse (Materie) und Energie in einem geschlossenen System immer gleich bleibt. Materie kann in andere Materie und Energie umgewandelt werden. Energie kann sich von der einen in eine andere Form umwandeln und auch wieder in Materie transformieren. Dieser 2. Hauptsatz der Thermodynamik und die Relativitätstheorie bilden die Grundlage unseres naturwissenschaftlichen Verständnisses für die Phänomene der Natur.

Und ist es nicht beruhigend, dass es so ist und wir diese Grundlagen auch in den alltäglichsten und schönen Dingen unseres Lebens, wie beim Reibekuchenbraten erkennen können?

Euer Hendrik Fischer

Wein als Genussmittel, Gefahrstoff und Inspirationsquelle für Gedanken über Chemie

Die Freude am Experiment

In meinen Experimentier-Angeboten für jedermensch wird es immer praktisch und Chemie ganz nahbar. Das macht etwas mit den Teilnehmenden und weckt auch das Kind in dem erwachsenen Zuschauer.

Wie war das für euch, als ihr als Kind oder Jugendliche*r eure ersten eigenen Experimente machtet?

Als ihr Hefe mit Zuckerwasser gemischt und nach einer Woche die Küche mit Alkoholdünsten gefüllt habt bei dem Versuch, den Ansatz auf dem Herd zu destillieren …

Als ihr Salz- und Zuckerkristalle an einem dicken Faden gezüchtet habt …

Als ihr mit einem Glas die brennende Kerze gerade noch so am Leben gelassen habt ….

Und was macht der Gedanke mit euch, das heute wieder zu tun?

Die Experimente für jedermann

Vor zwei Jahren begann ich im ersten Lockdown und mit dem Wunsch, meinen Kindern Abwechslung und Motivation zu bieten, mit einfachen online Chemie Webinaren. Die ersten Webinare waren holprig, das Verhalten vor der Kamera musste ich erst üben.

Erinnerungen an die ersten online Webinare im Jahr 2020 – damals noch mit weniger Bart.

Doch was von Anfang an da war und bis heute blieb: Die Neugierde und Begeisterung der teilnehmenden Kinder. Ich brauchte nur einfache Fragen zu stellen (z.B. Wie könnt ihr mit Chemie eine brennende Kerze löschen?“) und dann fing das Experimentieren an. Mit einfachen Haushaltsmitteln wie Backpulver, Essig, einer Kerze, einem Einmalhandschuh, Luftballons, Salz und Eiern entwickelte ich mit den Kindern ein Verständnis für chemische und physikalische Reaktionen und Abläufe.

Beispiel: Wiegt Luft etwas und wenn ja, wie können wir das herausfinden?

Ein Klassiker. Wenn Luft etwas wiegt, dann sollte ein aufgeblasener Luftballon schwerer sein als ein luftleerer Ballon. Und mit einer einfachen Ballonwaage, die aus eine Stab besteht, der an der Mitte an einem Faden hängt, gelingt den Kindern der experimentelle Nachweis. Und dann ist der nächste Schritt einfach. Wenn Luft etwas wiegt, kann Luft nicht Nichts sein. Etwas muss in der Luft sein: Stickstoff N2 zu 78%, Sauerstoff O2 zu 21%, Argon Ar zu 1%, Kohlendioxid CO2 zu 0,04% und noch andere Gase. Die Kinder erkennen, dass Luft spürbar und messbar ist, dass da was drin ist, was zu weiteren chemischen Reaktionen (z.B. Verbrennung) in der Lage ist und lernen wie Dichte, Temperatur und Druck von Luft miteinander wechselwirken. Ein einfaches Experiment mit starkem Erkenntnisgewinn.

Wahrnehmung und Erkenntnis

„Explosion, Giftige Flüssigkeiten, …“, so die Antworten der Kinder in der ersten Stunde auf meine Frage, was denn Chemie sei. „Reaktion, Wärme, Explosion, Farben, Kunststoff, …“ die Antworten nach der zweiten und dritten Stunde.

„Komm, wir machen mal Chemie“ – Seifekochen und andere Experimente auf einem Kindergeburtstag in 2021.

Die Neu-Bewertung von Chemie, von Toxizität hin zu Innovation und Erkenntnis, finde ich toll und die Geschwindigkeit des Perspektivwechsels bemerkenswert. Es freut mich, dass auch Eltern, die dem ein oder anderen Experiment beiwohnten, so interessiert und neugierig waren – und am liebsten mitmachen wollten. Vielleicht sollte ich einen Experimente Abend für Erwachsene entwickeln. Würde euch das gefallen?

Ich hoffe, dass ihr euch gerne an die Zeit eigener Experimente erinnert. Und euch ein bisschen die Neugiere und den Spieltrieb bewahrt habt, mal wieder selbst etwas auszuprobieren. Schnappt euch ein bisschen Backpulver und Essig, spielt rum und überlegt, was da alles chemisch passieren könnte!

Mit verspielten Grüßen,

Euer Hendrik Fischer

Warum brennt eine Kerze?

Was können wir alles beim Verbrennen einer Kerze erkennen?
Wir können uns Gedanken darüber machen, dass wir Menschen schon seit tausenden von Generationen die Flamme und die Kerze nutzen. So geht die Wissenschaft davon aus, dass schon der Cro-Magnon Mensch vor 40.000 Jahren flüssigen Talk oder Tran in Gefäßen verbrannt haben.

Eine Kerze entzünden als Zeichen der Hoffnung, um Licht in dunkle Stunden zu bringen und seine Gedanken zu wärmen.

Ich benutze in diesen Tagen die brennende Kerze noch lieber als sonst, um den Kindern in meinen Webinaren einen Einstieg in die Chemie zu geben. Denn auch wenn das Entzünden einer Kerze ein wirklich einfaches Experiment ist, das fast jeder von uns schon durchgeführt hat, ist wenigen bekannt, was da passiert und warum es eine chemische Reaktion ist.

Zündet euch ruhig selbst eine Kerze an, bevor ihr weiterlest.

Ist das Brennen einer Kerze eine chemische Reaktion?

Warum brennt eine Kerze und warum ist das eine chemische Reaktion?

Eine chemische Reaktion ist die Umwandlung von Verbindungen auf molekularer Ebene. Dabei können zwei (oder drei) unterschiedliche (oder manchmal auch gleiche Moleküle) miteinander reagieren und ein oder mehrere andere Moleküle entstehen daraus. Allgemein ausgedrückt:

Im Fall der Verbrennung der Kerze reagiert das Wachs mit dem Sauerstoff in der Umgebungsluft. Dabei entsteht das Produkt Kohlendioxid. Der Wachs ist eine sehr komplexe Mischung aus unterschiedlichen Lipiden und Fettsäureestern, chemische Verbindungen, die sehr viel Kohlenstoff enthalten.

E bedeutet Energie. Im Falle dieser chemischen Reaktion wird Energie freigesetzt. Beim Aufbrechen von Verbindungen (hier das Aufbrechen der Bindungen in Sauerstoff und in den Lipiden) wird Energie benötigt. Beim Eingehen von Verbindungen (hier die Bildung von C-O Bindungen im Kohlendioxid Molekül) wird Energie freigesetzt. Das ist auch der Grund, weshalb eine Kerze nicht einfach so verbrennt. Das wäre auch dramatisch, wenn die Kerzen in der Schrankschublade sich spontan entzünden würden.

Die chemische Reaktion der Verbrennung einer Kerze benötigt Energie. Meisten wird diese in Form einer Zündquelle z.B. ein brennendes Streichholz gegeben. Das wird im sogenannten Verbrennungsdreieck dargestellt. Hier eine Variante der Feuerwehr Potsdam.

Die freiwerdende Energie bei der Reaktion von Wachs mit Sauerstoff wird in Wärme und Licht fühlbar und sichtbar. Die Flamme zeigt also die Reaktionsenergie an, ist aber nicht selbst ein Reaktionspartner.

Was können wir noch alles beim Verbrennen einer Kerze erkennen?

Wir können uns Gedanken darüber machen, dass wir Menschen schon seit tausenden von Generationen die Flamme und die Kerze nutzen. So geht die Wissenschaft davon aus, dass schon der Cro-Magnon Mensch vor 40.000 Jahren flüssigen Talk oder Tran in Gefäßen verbrannt haben.

Wir können uns Gedanken darüber machen, warum wir überhaupt eine Flamme sehen. Oder welche Reaktionsarten es gibt (z.B. Oxidation und Reduktion). Oder was Elektronen für eine Rolle bei der Verbrennung spielen. Oder ob es eine reversible oder irreversible Reaktion ist. Oder was das Verhältnis von Reaktionspartner und Endprodukten uns über den Aufbau der Stoffe verrät. Und noch vieles mehr. Doch das ist jeweils ein weiteres Kapitel wert.

Ich hoffe, dass dieses kleine und alltägliche Beispiel euch ein bisschen anregt, über den Aufbau unserer Welt zu sinnieren und Fragen zu stellen. Denn Chemie ist überall – auch in einer kleinen Kerze, die Hoffnung, Licht und Wärme gibt.

Euer Hendrik Fischer

Gibt es Palindrome in der Chemie?

Heute ist der 22. Februar 2022, oder auch anders geschrieben 22.02.2022. Einer von wenigen Tagen in diesem Jahrhundert, die vor- und rückwärts gelesen gleich klingen.  Ein Palimdrom Tag. Und das lies meine Gedanken um die Frage kreisen, ob es auch Palindrome in der Chemie gibt? Und die gibt es, aber etwas anders als ihr vielleicht denkt. Ein kleiner Ausflug…

Heute ist der 22. Februar 2022, oder auch anders geschrieben 22.02.2022. Einer von wenigen Tagen in diesem Jahrhundert, die vor- und rückwärts gelesen gleich klingen. à Ein Palimdrom Tag. Und das lies meine Gedanken um die Frage kreisen, ob es auch Palindrome in der Chemie gibt? Und die gibt es, aber etwas anders als ihr vielleicht denkt. Ein kleiner Ausflug…

Chemische Reaktion verlaufen auf den ersten Blick recht einfach. Substanz A reagiert mit Substanz B zu einer (oder mehreren) anderen Substanzen. So reagiert Magnesium mit Sauerstoff mittels einer Zündhilfe unter beeindruckender Flammentwicklung zu Magnesiumoxid. Aus einem grauen Metall wird ein weißes Metallsalz.

Reaktionsgleichung der Verbrennung von Magnesium

Diese Reaktion verläuft unter diesen Bedingungen nur in eine Richtung. Viele chemische Reaktionen können jedoch ohne Problem auch andersrum ablaufen. So reagiert Iod mit Wasserstoff unter Bildung von Iodwasserstoff. Diese Reaktion ist nicht vollständig, denn gleichzeitig zerfällt Iodwasserstoff wieder in Iod und Wasserstoff. Hin- und Rückreaktionen laufen parallel ab, in dem Reaktionsgefäß liegen alle drei Substanzen gleichzeitig vor.

Gleichgewichtsreaktion von Iod mit Wasserstoff zu Iodwasserstoff

Meistens möchten Chemiker*innen nur ein bestimmtes Endprodukt und nicht eine wilde Mischung herstellen, und in der Ausbildung lernen sie, wie das Gleichgewicht der Reaktion zu Gunsten der Endprodukte verschoben werden kann.

Wird auf ein im Gleichgewicht befindlichen System durch Änderung der äußeren Bedingungen ein Zwang ausgeübt, so verschiebt sich das Gleichgewicht derart, dass es dem Zwang ausweicht. Es stellt sich ein neues Gleichgewicht mit vermindertem Zwang ein.

Dieses Prinzip wurde vom Chemiker Le Chatelier zuerst beschrieben und nach ihm benannt. Für mich bedeutet es, dass eine äuserlich stabile und sich im Gleichgewicht befindliche Reaktion durch „Zwang“ in die eine oder andere Reaktion verschoben werden kann. Und der Zwang kann sein: Temperatur, Druck, das Hinzufügen oder Entfernen von Ausgangsstoffen oder Endprodukten. Beispiel: Die Reaktion von Alkoholen mit Säuren hin zu Estern und Wasser ist in einem stabilen Gleichgewicht, d.h. Hin- und Rückreaktionen finden in gleichen Maße statt. Wird das Wasser kontinuierlich aus dem Reaktionsgefäß entfernt, findet die Hinreaktion so lange statt, bis das ursprüngliche Gleichgewicht wieder hergestellt wird. Und mehr Ester wird entstehen. Dies wird rein praktisch z.B. bei der Weichmacher Synthese durchgeführt, um die Ausbeute von z.B. Phthalaten zu erhöhen.

eine schöne Visualisierung von Gleichgewicht (https://stringfixer.com)

Auch in anderen Bereichen der Natur kann mensch solche Gleichgewichtsverschiebungen beobachten. Vielleicht habt ihr schon mal von Osmose gehört. Osmose ist die Wanderung von Substanzen durch Membranen, um ein Ungleichgewicht auszugleichen. Praktisch habt ihr das vielleicht selbst schon mal durchgeführt: So wird beim Konservieren von Lebensmitteln durch Zugabe von viel Salz oder Zucker das in dem Lebensmittel enthaltene Wasser durch Osmose entzogen, da die Konzentration von Zucker oder Salz außen sehr viel höher als im Inneren des Lebensmittels ist. Das Lebensmittel wird „getrocknet“ und ist dadurch länger haltbar.

Reaktionen in der Natur oder im Reagenzglas finden selten nur in eine Richtung statt. Sehr häufig kann die Reaktion auch wieder zurück ablaufen. Der vermeintlich stabile Zustand im Gleichgewicht kann durch geeignete Mittel verschoben werden.

Sucht doch auch mal in eurem Alltag Situationen, in denen Hin- und Rückreaktionen stattfinden. Vielleicht entdeckt ihr ganz besondere natürliche „Palindrome“ und wenn es auch nur der Jojo-Effekt ist 😉 – ich freue mich, davon zu lesen.

Euer Hendrik Fischer